Nach der Theorie kommt bekanntlich die Praxis. Was also ist der nächste Schritt, wenn man in der Theorie jede Menge über Bürgerbeteiligung bei Naturkatastrophen weiß, aber wenig Erfahrung mit dem reellen Ablauf hat? Wir haben uns vorgenommen, den ersten Abschnitt unserer Forschungsreise mithilfe von Experteninterviews zurückzulegen.
Station 1: Experteninterviews
Experteninterviews werden oftmals als Methode angewandt, wenn es um die schnelle Sichtung einer breiten Informationslandschaft geht. So mancher Sozialwissenschaftler hat sie gar als „quick-and-dirty" Methode bezeichnet, da Experten als Gesprächspartner in relativ kurzer Zeit eine große Dichte an Informationen vermitteln können.
In unserem Fall ist Eile allerdings weniger ein Thema. Vielmehr wollen wir in dieser ersten Phase des #Howafo-Forschungsprojekts einen tiefen Einblick in die diversen Meinungen und Ereignisse rund um das Sommerhochwasser 2013 gewinnen. Bei guter Auswahl können Experten als Interviewpartner nicht nur viele besonders interessante und relevante Informationen in kurzer Zeit vermitteln, sondern diese auch in den richtigen Kontext setzen und ihre eigene Einschätzung dazu vermitteln. Diese Anhaltspunkte sollen uns helfen, einen Einstieg in das komplexe Thema ‚Sommerhochwasser 2013' zu finden.
Wie wird man zum Experten?
Zum Experten wird man für einen Sozialforscher indem man besonderes Wissen über eine nicht-alltägliche Situation hat. Das kann Wissen über die speziellen Ereignisse des Sommerhochwassers 2013, über den Katastrophenschutz im Allgemeinen, den Wiederaufbau nach Naturkatastrophen oder den Umgang mit Bürgermeinungen sein. Im Rahmen des Sommerhochwassers 2013 gibt es eine Vielzahl von Experten jedweder Art. Schließlich sind auch betroffene Bürger selbst Experten zum Thema Bürgerbeteiligung – aus ihrer eigenen Perspektive.
Wir haben zwei unterschiedliche Gruppen von Experten definiert:
1. Administrativ tätige Experten (z.B. Verwaltungsangestellte, Katastrophenschützer, Vertreter von Hilfsorganisationen oder Interessensverbänden, aber auch hauptamtliche Politiker wie Landräte, Oberbürgermeister, Ministerialbeamte)
2. Bürgerrechtlich engagierte Experten (z.B. Bürgervertreter wie ehrenamtliche Ortsteil-Bürgermeister, Gründer und Leiter von Bürgerinitiativen, betroffene Bürger)
Gespräche mit Experten
In unseren Gesprächen mit genau den Menschen, die beim Sommerhochwasser 2013 in administrativer oder politischer Funktion, als Initiativnehmer auf Bürgerseite oder als betroffener Bürger dabei waren, stellen wir offene Fragen anhand eines Leitfadens. Die im Vorfeld sorgfältig erarbeiteten Themenkomplexe des Leitfadens sollen uns helfen, im offenen Gespräch mit dem Experten oder der Expertin die richtigen Fragen zu stellen, bei Bedarf noch einmal nachbohren zu können, und so mehr über die Einschätzungen unserer Gesprächspartner zu erfahren. Wichtig ist uns auch, einen Eindruck der Sprachwahl beim Gespräch über die Katastrophe gewinnen. In unseren Experteninterviews sind wir Interviewer also meistens ziemlich still – ein Großteil der 45 bis 60-minütigen Redezeit ist für den Experten reserviert.
Ergebnisse von Experteninterviews
Wie bei anderen qualitativen Methoden kann die Auswertung von Experteninterviews in vielerlei Hinsicht angegangen werden. Welchen Ansatz man auch wählt, am wichtigsten ist bei allem das Stichwort ‚Triangulation': Das heißt, dass mögliche Insights und Schlussfolgerungen so lange im Forschungsteam und zwischen den verschiedenen Interviewern oder Auswertern abgeglichen werden, bis sich ein robustes Bild ergibt, welches man aus verschiedenen Quellen belegen kann.
Mit solchen validen Insights möchten wir bis zum Ende dieser ersten Forschungsphase einen Überblick über die Ereignisse während des Sommerhochwassers 2013 gewinnen und die Vielzahl von verschiedenen Meinungen zu Bürgerbeteiligung in diesem Kontext einfangen. Vielleicht ergeben sich darüberhinaus ja auch neue Themen und Anregungen für die Forschungsagenda, die in der Theorie bisher nicht auftauchten?
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